Rede Thomas Weber, Herausgeber von BIORAMA

3 Anmerkungen zum ORF

 

Kurz und knapp: Ich zähle mich nicht zu denjenigen Besserwissern, wie sie sich besonders auf Twitter tummeln, die sich hauptberuflich, und fast scheint es ausschließlich, mit möglichen künftigen Revenue-Modellen in der Zukunft der Medienwelt beschäftigen. Von vielem habe ich auch keine Ahnung und ja, der Medienwandel wandelt auch die kleinen Medienhäuser. Ganz besonders. Manche betreiben Journalismus – egal ob verhältnismäßig old school oder tendenziell zeitgemäß und v.a. auf Bewegtbild ausgerichtet – mittlerweile zuvorderst als PR, als Visitenkarte, um Kampagnen oder Corporate Publishing akquirieren zu können. Das ist ein Faktum, und das liegt auch daran, weil sich Journalismus immer seltener rechnet. Und auch daran, dass es ein Überangebot an Mittelmäßigem gibt.

 

Wir wollen hier heute aber über den ORF sprechen, für den ORF. Hierzu habe ich drei Anmerkungen, wieder unter der Einschränkung, dass ich es nicht zu meinen Aufgaben zähle, mich hauptberuflich mit dem ORF zu beschäftigen, aber seine Angebote, vor allem jene des Hörfunks, täglich nutze und gerne dafür Gebühren entrichte.

 

Anmerkung 1: Dem ORF fehlt in seiner Gesamtheit die Vision. Komplett. Das beklagen hinter vorgehaltener Hand auch fast alle ORF-Menschen, mit denen man sich unterhält. Das ist in meinen Augen die eigentliche Katastrophe. Auch, weil dem ORF als teilweise werbefinanziertem Medium die Werbeeinnahmen mehr und mehr abhanden kommen werden.

 

Anmerkung 2: Und hier möchte ich voranschicken, dass ich nicht zu den rückwärtsgewandten Kreuzrittern des Feuilletons gehöre, die etwa Ö1 „linke Hirnschwurblerei“ vorwerfen. Dennoch muss es möglich sein zu kritisieren, dass es im ORF auch sehr parteiische Kolleginnen und Kollegen gibt, die – z.B. auch Unterhaltungsformate – als ihre ideologische Spielwiese und zur Meinungsmache missbrauchen. Das bestätigen und bedauern auch viele der korrekten Journalistinnen und Journalisten des ORF, mit denen ich mich zuletzt darüber unterhalten habe. Als mündiger Beitragszahler möchte ich in Satiresendungen über alle politischen Fraktionen lachen können.

 

Anmerkung 3: Der ORF ist zu befreien. Er muss alle Kanäle, alle sozialen Netzwerke, Apps und was auch immer sich in Zukunft ergeben mag, nutzen und mitentwickeln dürfen. Jede Aktivität hat allerdings auf ihren Public Value überprüft zu werden. Eh klar – Danke.

 

Wien, Karlsplatz

6. Juni 2018