Rede Edeltraud Novy, Arbeitsgruppe Demokratie braucht Bildung*

 Die Zusammenarbeit des ORF mit kommerziellen Anbietern lehnen wir strikt ab

 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich gehört den Bürgerinnen und Bürgern des Landes, denn sie kommen mit ihren GIS-Gebühren für den Großteil der Einnahmen dieser Institution auf. Es ist ein Beweis der demokratischen Reife unseres Gemeinwesens, ein Medium zu haben, das ohne Marktdruck seiner Verpflichtung als Informationsquelle, Kultur-, Bildungs- und Unterhaltungsinstitution nachkommen kann. 

 

ORF-Gebühren zu bezahlen entspricht einem Solidaritätsprinzip. Mit seinen Programmen dient der ORF als Kitt der Gesellschaft und ist für die Weiterentwicklung der Demokratie ein zentrales Medium. Die Vielfalt des Angebots wie Internationalität und Regionalität, Sendungen für Minderheiten, Religionssendungen, die Förderung heimischer Kunst wie z.B. des österreichischen Films, aber auch durch Berichterstattung wird und kann ein kommerzieller Sender niemals bieten. Es wäre eine demokratiepolitische Demontage des ORF, wenn die Finanzierung aus dem Budget erfolgen müsste, denn die Erfahrung in vielen Ländern zeigt, dass eine solche Umstellung zu drastischen Einschränkungen der Mittel und zur Abhängigkeit von den jeweiligen Regierungen geführt hat. Man würde den ORF dadurch der unkontrollierbaren Einflussnahme der jeweils Machthabenden ausliefern. Überlegungen, wie Stiftungsrat und Publikumsrat zu wählen wären, um diese Gremien demokratischer zu gestalten, sind wünschenswert.

 

Bei aller angemessenen Kritik an der Programmgestaltung des ORF – z.B. ist nicht ersichtlich, wie der Vorgabe, im Hauptabendprogramm gehaltvolle Sendungen anzubieten, derzeit nachgekommen wird – so ist der ORF dennoch ein seriöses, informatives Medium. Leider muss man sagen, dass er fast das einzige in diesem Land ist, da sowohl die kommerziellen Fernsehsender als auch die meisten Printmedien vor allem den Inserenten verpflichtet sind. Die verstärkte Zusammenarbeit des ORF mit den kommerziellen Anbietern lehnen wir deshalb strikt ab – sie haben grundverschiedene Aufgaben, wie ja eindeutig aus dem ORF-Gesetz und dem Leitbild des ORF ersichtlich ist. Information und Unterhaltung als handelbare Ware, wie es das Selbstverständnis der kommerziellen Sender ist, ist mit einem Anspruch, den Bedürfnissen unterschiedlichster Gruppen von Bürgerinnen und Bürgern zu entsprechen und auch zur Förderung von Frauen, zur Integration von Randgruppen und Menschen mit Behinderungen beizutragen, sowie einen Beitrag zur europäischen Integration und zum Verständnis internationaler und globaler Zusammenhänge zu leisten, nicht vereinbar.

 

Weiters ist die öffentliche Medienförderung prinzipiell zu überdenken. Sie hat dem Anspruch, der an den ORF gestellt wird, zu entsprechen. Jürgen Habermas beschreibt das in der Süddeutschen Zeitung so: „Wenn Umorganisation und Einsparung ... die gewohnten journalistischen Standards gefährden, wird die politische Öffentlichkeit im Mark getroffen. Denn die öffentliche Kommunikation büßt ohne die Belebung durch Argumente, die auf einer nicht gerade kostenlosen Expertise beruhen, ihre diskursive Vitalität ein. Die Öffentlichkeit würde den populistischen Tendenzen keinen Widerstand mehr entgegensetzen und könnte die Funktion nicht mehr erfüllen, die sie im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaats erfüllen müsste.“ 

 

Es braucht deshalb eine diesen Kriterien verpflichtete Medienförderung und es ist nicht einsichtig mit Steuergeldern Medien zu fördern, deren einziges Interesse die Gewinnmaximierung der Eigentümer und die Verstärkung ihrer politischen Einflussnahme ist. Gratismedien sollen prinzipiell von der Förderung ausgeschlossen sein. Im Sinne der Vitalität der öffentlichen Kommunikation unterstützen wir die Forderungen des nichtkommerziellen Privatrundfunks, mit ihren Leistungen auf der Ebene lokaler, regionaler und nationaler kultureller Produktion gesetzlich besser abgebildet und damit gefördert zu werden. Angesichts der neuen Phänomene im digitalen Zeitalter, wie Fake News oder Hass im Netz, werden Qualitätsmedien in allen Bereichen immer wichtiger. Die neuen Medien und die Digitalisierung der traditionellen Medien müssen an einer zeitgemäßen Strategie arbeiten, um dem Rechnung tragen zu können.

 

Wien, Karlsplatz

6. Juni 2018

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Die Arbeitsgruppe Demokratie braucht Bildung besteht aus:

arge region kultur - Arbeitsgemeinschaft für regionale Kultur und Bildung

Joan Robinson – Verein zur Förderung frauengerechter Verteilung ökonomischen Wissens

Katholische Frauenbewegung Österreichs

KSOe - Katholische Sozialakademie Österreichs

Verein Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik / Wien

Transform.at

WIDE – Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven