Rede Wiltrud Katherina Hackl, Gesellschaft für Kulturpolitik Oberösterreich

Nicht lieb sein müssen

Herzlichen Dank und solidarische Grüße aus Oberösterreich. Oberösterreich – jenes Bundesland, von dem sich die Bundesregierung in Sachen Kultur- und Medienpolitik so viel abschauen will. Eine Blaupause soll Oberösterreich sein, hören wir, wenn es um Einsparungen und wohl um die Instrumentalisierung von kritischen Medien und Kulturvereinen geht. Das, was etwa der Kulturrat Österreich am Bundesminister kritisiert – nämlich das Gespräch mit Vertreterinnen freier Medien und Kulturvereine zu verweigern – kennen wir in Oberösterreich seit etlichen Monaten. Termine mit dem Kulturreferenten oder seinen Mitarbeiterinnen – so überhaupt welche gewährt werden – werden mitunter ersatzlos und wenige Stunden davor gecancelt. Über die Streichung von Förderungen erfahren die Antragstellerinnen teilweise nur en passant. So etwa die beiden Herausgeberinnen eines nicht nur für Oberösterreich maßgeblichen Kultur-Magazins, denen die sensationelle Jahresförderung von 3.000 Euro gestrichen wurde. Das ist keine Art, mit Medienarbeiterinnen umzugehen. Das ist keine Art, mit Journalistinnen umzugehen. Und, es ist auch keine Art, ständig mit einem gewissem Unterton von „Mehrfachförderung“ zu sprechen, wie es der Bundesminister und der Landeshauptmann tun, wenn es um die Aufteilung der Fördergelder zwischen Stadt, Land und Bund geht. So als sei hier etwas Unlauteres im Gang. 

Freie, nicht-kommerzielle Medien aber nehmen niemandem etwas weg, ganz im Gegenteil, sie leisten einen wesentlichen Beitrag zu Demokratie. Sie erfüllen dort, wo der ORF nicht mehr präsent ist oder sein kann – und das ist halt in den Regionen außerhalb von Wien und außerhalb der größeren Städte sehr oft der Fall – einen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Wer also von Public Value spricht, sollte auch die freien Medien mitdenken.

Eine Forderung nach einem unabhängigen, starken ORF – und ich möchte diese Forderung unbedingt auf den ORF in den Bundesländern erweitern – muss also aus meiner Sicht einhergehen mit der Forderung nach Planungssicherheit für freie Medien.

Gerade in den Regionen braucht es nämlich ebenso JournalistInnen, die nachfragen und nachhaken, die politisch und ökonomisch unabhängig – auch, weil zynisch gesagt, sowieso absolut prekär – arbeiten.

Braucht es welche, die lästig sind und Fragen stellen können. Die informiert sind, berichten dürfen und nicht lieb sein müssen. Die keine Karrieren von des Landeshauptmanns Gnaden in Lokalredaktionen anstreben, sondern gute, journalistische Arbeit machen.  

Die es aushalten, wenn ihnen der Wind aus der Kulturdirektion dafür etwas eisiger ins Gesicht bläst. Dass ausgerechnet jene aber nicht auf den Podien der Medienenquete des Bundesministers sitzen, zeigt auf skandalös eindeutige Weise, welche Bedeutung sie im Wertesystem des Medienministers einnehmen.

Medienpolitik ist Kulturpolitik – beide müssen in ihren Zielsetzungen klar formuliert, verständlich, nach Teilhabe und Teilnahme ausgerichtet, auf Zugänglichkeit achten und demokratisch sein. Wie sehr Medienpolitik aber genau in ihrer demokratischen Ausrichtung aktuell gefährdet ist, hat zuletzt u.a. die Historikerin Kathrin Quatember in ihrer Studie im Auftrag der Kulturplattform OÖ (KUPF) u.a. zur Finanzierung rechter und rechtsextremer Medien in Österreich gezeigt. (https://kupf.at/blog/paralleldimension/)

Natürlich sind Medien immer auch identitätsstiftend für ein Land, für eine Gesellschaft. Was aber weder Medienpolitik noch JournalistInnen sind, noch sein dürfen: bloße Instrumente der Macht – weder von links noch von rechts – die inhaltsleeres, beschwichtigendes Geplappere von einem bigotten, abstrusen Heimatbegriff wiederkäuen. In Oberösterreich sind wir aktuell auf dem Weg in diese Richtung, und für den Bund schaut es offenbar nicht viel besser aus. Mit der Kulturplattform OÖ-Initiative "Kulturland retten!" wurde in Oberösterreich in den letzten Monaten ein wichtiger und weithin hörbarer Gegenentwurf zu einer Spar- und Vereinnahmungspolitik im Bereich Kunst und Kultur formuliert, wurde Widerstand deutlich und sichtbar. Ich würde mir sehr wünschen, dass uns noch die Kraft und die Stimme bleiben, um diesen Gegenentwurf auch in Sachen Medienpolitik – bundesweit – zu formulieren.

 

Wien, Karlsplatz

6. Juni 2018