Der ORF ist in Gefahr!

....so die ORF-Redakteursräte. In ihrer jüngsten Resolution Mitte November haben sie mit ungewohnter Schärfe auf den Umgang der aktuellen Regierung mit dem ORF reagiert. Auf parteinahen Kanälen werde weiterhin „gegen seriösen Journalismus Stimmung gemacht, auch mit persönlichen Angriffen und Einschüchterungsversuchen: (...) Jetzt sind es bereits offene Drohungen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, wenn etwa eine Moderatorin Interviewfragen stellt, die einer Regierungspartei nicht gefallen.“

 

Die Regierung plant spätestens im Neuen Jahr ein neues ORF-Gesetz. Laut Kenner/innen des politischen Parketts und ORF-Insidern soll über dieses Gesetz ein Journalismus, der auch die Regierungspolitik kritisch einem Fakten- und Wertecheck unterzieht, unterbunden werden. Einerseits durch „Maulkorb“-Regelungen, andererseits durch einen noch drastischeren Sparkurs beim Personal. 

Die Gebührenfinanzierung soll insbesondere auf FPÖ-Wunsch gestrichen und durch eine Finanzierung aus dem Bundesbudget ersetzt werden. Das würde den ORF politisch noch erpressbarer machen!

 

Die Folge einer weiteren Schwächung des ORF wäre, „dass reichweitenstarke Boulevard-Medien und parteinahe Propaganda-Plattformen dann die wichtigsten 'Informationsträger' für breite Teile der österreichischen Bevölkerung wären. Kritischer Qualitätsjournalismus würde nur mehr in ganz wenigen Medien stattfinden - mit deutlich geringerer Breitenwirksamkeit.“ 

 

Die Redakteursräte kritisieren auch die teils willfährige Umsetzung von Regierungswünschen durch das ORF-Management.

 

„Immer mehr journalistische Arbeitsplätze werden aus finanziellen Gründen reduziert. Informationsprogramme werden an externe Produktionsfirmen ausgelagert - und damit die journalistische Qualitätskontrolle erschwert oder unmöglich gemacht. Und als Informations-Programm getarnte Belangsendungen mit dem Titel 'Europa backstage' bieten der heimischen Polit-Prominenz eine Bühne zur Selbstdarstellung - fernab jeglicher journalistischer Grundprinzipien. Hier wird Geld investiert, das für ernsthafte redaktionelle Arbeit fehlt.“

 

 

Udo Bachmair, Präsident der Vereinigung für Medienkultur: Ein neues ORF-Gesetz steht ante portas. An ihm lässt die türkis-blaue Regierung im Hintergrund bereits intensiv arbeiten. Bis zum Sommer 2019 soll es das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Viele befürchten, dass damit für den ORF und die Medienvielfalt im Lande insgesamt aber eher dunkle Zeiten heraufdämmern. Sie sehen Gefahr in Verzug. Vermutet wird, dass ähnlich dem im Parlament durchgepeitschten Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz auch im Falle des neuen ORF-Gesetzes über alle Bedenken überfallsartig „drübergefahren“ wird.

Vor diesem Hintergrund weisen beherzte und besorgte Akteure unermüdlich auf die unverzichtbar demokratiepolitische Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hin. Im Vorfeld der bevorstehenden Neufassung des ORF-Gesetzes hatten ja Angriffe auf unabhängige (ORF-) Journalist/innen seitens der Regierungspartei FPÖ die Alarmglocken schrillen lassen. Wehret den Anfängen, so der Tenor der meisten Reaktionen derjenigen, die Medien- und Pressefreiheit à la Ungarn bedroht sehen.

Einerseits soll der ORF durch eine noch nicht dagewesene parteipolitische Einfärbung gefügig gemacht werden. Geplant sein dürfte ein Vierer- bis Fünfer-Vorstand mit klar türkis/blauer Dominanz. Die Funktion des Generaldirektors soll demnach abgeschafft werden. Sie hat derzeit Alexander Wrabetz inne, der den Redaktionen bisher relativ große Spielräume gewährt hat. Dass journalistische Freiheit künftig spürbar eingeschränkt werden könnte, gilt ORF-intern als nicht unrealistisch.

 

Andererseits soll der ORF mittels Änderung seiner Finanzierungsgrundlagen von der Regierung abhängiger denn je gemacht werden. Kritiker sprechen von einer geplanten Verstaatlichung des ORF. Ein bisher nicht dementierter Vorschlag besteht nämlich darin, das Unternehmen künftig nicht mehr aus Gebühren, sondern aus dem staatlichen Budget zu finanzieren. Damit würde die Regierung den ORF ziemlich eng an die Kandare nehmen können. Das gilt es zu verhindern.